Gemeinden sagen Kreis den Kampf an

Wenn es ums Geld geht, hört bekanntlich die Freundschaft auf. Das droht nun auch in der kommunalen Familie. Im Streit um eine Erhöhung der Kreisumlage kündigt die Führung des Steinburger Gemeindetages dem Kreis jetzt die Freundschaft auf. Der Horster Bürgermeister und Amtsvorsteher Ernst-Wilhelm Mohrdiek bringt den Zankapfel auf einen einfachen Nenner: „Der Kreis arbeitet mit Phantasiezahlen.“ Am Beispiel seiner Gemeinde wird deutlich, was am Ende dabei herauskommen könnte: rund 100 000 Euro müsste allein die Gemeinde Horst zusätzlich aufbringen, um die klamme Kreiskasse aufzufüllen. Was die kommunalen Vertreter besonders wurmt: Der Kreistag habe sich mit seinem jüngsten Beschluss schon vorzeitig auf eine Anhebung um zwei Prozent festgelegt. Die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung gerate damit zur Farce.

„Die finanziellen Auswirkungen auf die Gemeinden werden gar nicht berücksichtigt, obwohl der Kreis auch seiner Ausgleichsfunktion nachkommen müsste“, moniert Clemens Preine, Amtsvorsteher in Kellinghusen und Kreisvorsitzender des Gemeindetages. Dabei komme der Kreis doch auch schon ohne höhere Kreisumlage in den Genuss erheblicher Mehreinnahmen. Weil die Finanzkraft vieler Steinburger Gemeinden gestiegen sei, spüle dies rund 1,6 Millionen Euro zusätzlich in die Kreiskasse. Preines Amtskollege in der Krempermarsch, Harm Früchtenicht, weist aber auf die vor allem für die ländlichen Zentralorte wie Krempe, Horst, Wacken und Schenefeld dramatischen Folgen des neuen kommunalen Finanzausgleichs (FAG) hin: „Wir müssen auch die Leistungsfähigkeiten unserer Gemeinden im Auge behalten“, fordert er. Schon jetzt könnten nämlich zahlreiche Orte im Kreisgebiet ihre Haushalte nicht mehr ausgleichen. Die Zeche zahlen am Ende die Bürger mit höheren Hunde-, Grund- und Gewerbesteuern sowie der Streichung freiwilliger Leistungen.

In den für die nächsten Wochen angesetzten Gesprächen zwischen Gemeinden und Kreis schlägt ohnehin die Stunde der Leitenden Verwaltungsbeamten und der Kreiskämmerer. Und hier gibt es allein bei den Begründungen für eine Erhöhung der Umlage schon tiefgreifende Meinungsunterschiede. Der Chef der Horster Amtsverwaltung, Willi Kühl, rechnet vor, dass der Kreis eigentlich gar keine rote Zahlen schreibe. Das dicke Minus im Kreis-Haushalt sei nämlich weitgehend nur buchungstechnischer Natur. So könne es zum Beispiel nicht angehen, dass Pensionsrückstellungen und Abschreibungen für Investitionen mit einfließen. Zum Teil würden die Gemeinden so nämlich doppelt zur Kasse gebeten. Kühls Krempermarschkollege Jörg Bucher kann da nur beipflichten: „Die Zahlen sind erst durch der Umstellung der Haushaltsführung auf Doppik entstanden. Aber deshalb haben sich ja nicht die Finanzströme verändert.“

Auch den Umstand, dass Kiel als Genehmigungsbehörde dem Kreishaus eine höhere Umlage ins Stammbuch geschrieben hat, lässt der Gemeindetag nicht gelten. In der Landeshauptstadt gehe man nämlich von falschen Voraussetzungen aus. Was den Vertretern der Gemeinden ebenfalls bitter aufstößt, ist eine Beobachtung aus den vergangenen Jahren. So habe der Kreis immer wieder schlechte Zahlen vorgelegt und damit auch die Erhebung der Kreisumlage in der jeweiligen Höhe begründet. Die Jahresabschlüsse seien dann aber stets deutlich besser ausgefallen.

Mit Interesse verfolgen die Gemeinden auch den Umstand, dass der Kreis offenbar immer noch genug Geld habe, um laufende Investitionen zunächst ohne Kreditaufnahme zu finanzieren. Willi Kühl: „Es ist natürlich toll, wenn der Kreis die Kredite, die eingeplant sind, nicht in Anspruch nehmen muss. Dann darf er sich aber das Geld nicht noch zusätzlich von den Gemeinden holen.“

Hart ins Gericht gehen die Sprecher auch mit den Kreispolitikern: „Viele Abgeordnete machen sich das zu einfach“, mutmaßt der Breitenburger Amtsvorsteher Jörgen Heuberger, dass im Kreistag vorgelegte Zahlen häufig nur abgenickt werden, ohne diese genauer zu hinterfragen. Ernst-Wilhelm Mohrdiek schlägt vor, das Thema erst einmal für die nächsten zwei Jahre auf Eis zu legen. Erst dann könne man genau sehen, wie sich die Reform des FAG auf alle Beteiligten auswirke. „Stattdessen werden die Gemeinden jetzt zwischen der FAG-Reform und der geplanten Anhebung der Kreisumlage zerrieben“, stellen Harm Früchtenicht und Jörg Bucher fest. Außerdem müsse der Kreis erst einmal schauen, wie er anderweitig die Finanzsituation verbessern könne“, rät Willi Kühl.

Die Spitze des Gemeindetages wird einer höheren Kreisumlage jedenfalls nicht zustimmen. Der Vorstand hofft dabei auf Rückenstärkung durch möglichst viele Gemeinden. Für 19. November wird eine Sondersitzung des Gemeindetages in Oelixdorf einberufen. Dann steht auch die vielbeschworene kommunale Familie zur Disposition. „Wir können ja nicht von Familie reden und dann bestimmt nur das Familienoberhaupt, wo es lang geht“, fordert Mohrdiek die Rückkehr zum offenen Dialog und die Vorlage nachvollziehbarer Zahlen. (Volker Mehmel)

(Quelle: Norddutsche Rundschau vom 23.10.2014)