Der Schwarzblaue Ölkäfer, ein Blick auf das Insekt des Jahres 2020
Der Schwarzblaue Ölkäfer (Meloe proscarabaeus) ist seit 4000 Jahren in unserer Kultur bekannt, er wird circa 10 bis 35 Millimeter lang und ist nicht zu unterschätzen. In Kremperheide entdeckte eine Gartenbesitzerin das Weibchen dieses Käfers und war erstaunt über die Größe und den angeschwollenen Hinterleib. Der Käfer saß auf Scharbockskraut, das ebenso wie Buschwindröschen und Bärlauch zu seinen Nahrungspflanzen gehört. Einige Tage später wurde der Käfer auch in Bahrenfleth gefunden, wieder ein Weibchen.
Der Schwarzblaue Käfer enthält das hochgradig wirksame Gift Cantharidin. Dieses Gift wurde nicht nur zu Heilzwecken verwendet, sondern auch für Giftmorde und Hinrichtungen. Der Giftstoff eines einzigen Käfers kann einen Menschen töten und tritt aus den Poren der Beingelenken aus. Mit dem Giftstoff schützen sie sich vor Fressfeinden wie Ameisen und Laufkäfern. Aber nicht allen Fressfeinden schadet das Gift: Vögel und Igel sind immun dagegen und einige Käfer nutzen sogar das Gift des Ölkäfers für ihre eigene Verteidigung. Auch auf dem entdeckten Ölkäfer saß ein Insekt auf dem Beingelenk. Bevor das Weibchen sich mit einem Männchen paart, prüft es durch einen Biss, ob das Männchen genügend Cantharidin besitzt, denn das ist ein lebensnotwendiges Hochzeitsgeschenk, damit die Eier, Larven und Puppen auch das Gift enthalten. Somit sind sie auch gegen räuberische Feinde geschützt.
Der Ölkäfer gehört zu den ältesten „Heiltieren“. Im 16. Jahrhundert vor Christi ist er im Papyrus Ebers – ein medizinischer Papyrus aus dem alten Ägypten – bereits beschrieben worden. Das Gift wurde, mehr oder minder erfolgreich, bei verschiedenen Krankheiten eingesetzt, wie Tollwut und Darmerkrankungen. Es galt als harntreibendes Mittel und wurde als Wehenpflaster verwendet. In Honig zubereitet waren die Käfer als „Liebestrank“ bekannt, allerdings häufig mit schwersten gesundheitlichen Schäden als Folge. Berichtet wird von Giftmorgen, ebenso von Hinrichtungen mittels dieses Giftes.
Der Ölkäfer wurde mit vielen deutschen Namen benannt – Maiwurm (da er im April und Mai auftritt), Pflasterkäfer (in Bezug auf das Zugpflaster), Schmalzkäfer (für die Herstellung der Zugpflaster wurde Schmalz als Salbengrundlage benötigt) und wenig schmeichelhaft „Pissekäfer“ (da sein Gift harntreibend ist). Der dicke Hinterleib des Weibchens entsteht durch die immense Anzahl ihrer Eier, mindestens 3.000, die im Boden abgelegt werden. Die Larven klettern auf Blüten und warten auf ganz bestimmte Wildbienen, die sie dann unbemerkt in ihr Nest tragen. Wenn die Larve genau auf das Ei der Wildbiene fällt, ernährt sie sich vom Ei des Wirtes. Geeignet sind nur besondere Wildbienenarten, die im Boden brüten. Wenn die Larven sich auf Kuckucksbienen oder Schwebfliegen niederlassen, müssen sie sterben, weil sie nicht im Bienennest landen. Nach dem Puppenstadium schlüpfen die Käfer von März bis Mai und ein neuer Zyklus beginnt.
Der Schwarzblaue Ölkäfer kommt an Deichen, trockenen Wiesen, Waldrändern, Heiden und Gärten vor. Wer im Garten die Nester der Wildbienen – erkennbar als Löcher zum Beispiel in Sandritzen von Steinen und Platten und ungepflasterten Flächen – nicht zerstört, hat die Chance, diesen interessanten Käfer zu entdecken. Der Garten, in dem dieser Käfer gefunden wurde, liegt im „Sandland“, dessen Boden, wie der Name schon sagt, sandig ist. Trotz der hohen Anzahl an Eiern wird der Schwarzblaue Ölkäfer in Deutschland in der roten Liste als gefährdet aufgeführt. Nur jedes tausendste Ei entwickelt sich zum Ölkäfer. Dazu geführt haben der Lebensraumverlust und der Straßenverkehr, denn die Käfer sind plump und können nicht fliegen, ihre Entwicklung ist sehr störungsanfällig. (Jutta Sötje)
(HALLO Steinburg, 20-5-2020)